
„Städte und Gemeinden sind nicht nur Umsetzer von Entscheidungen, sondern Mitgestalter der Zukunft Europas“, betonte Dr. Olaf Joachim, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) in seiner Begrüßungsrede. Er machte deutlich, dass europäische Stadtpolitik immer vor Ort beginnt: „Städte sind das Herz Europas – hier werden die großen Zukunftsfragen konkret.“ Europäische Förderprogramme schaffen dabei Räume für gemeinsames Lernen und nachhaltige Entwicklung. Sie dienen zugleich als Impulsgeber für innovative Antworten auf die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit.
Drei Städte, drei Wege zur nachhaltigen Stadt
Wie vielfältig die Möglichkeiten europäischer Förderung sind, zeigten Praxisbeispiele aus drei europäischen Städten. Sie standen stellvertretend für die drei Grundprinzipien der Neuen Leipzig-Charta: Die soziale, produktive und nachhaltige Stadt.
In südfranzösischen Mouans-Sartoux wird die Idee einer nachhaltigen Ernährungspolitik konsequent umgesetzt. Durch das URBACT-Netzwerk BioCanteens führte die Kleinstadt 100 Prozent Bio-Produkte in allen Schulkantinen ein. Die Lebensmittel stammen überwiegend aus regionalem Anbau, was nicht nur die Umwelt schont, sondern auch lokale Wertschöpfung stärkt und Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und im Handel sichert. Die Stadt gilt inzwischen als Vorreiter für Ernährungssouveränität. Am URBACT-Netzwerk nahm die Stadt als Leadpartner teil und beweist damit, dass auch kleine Kommunen, wie Mouans-Sartoux mit rund 11.000 Einwohnenden, in europäischen Netzwerken inspirieren können.
Im Rahmen einer Teilnahme am URBACT-Netzwerk GreenPlace setzte sich Löbau in der Oberlausitz zum Ziel, eine ehemalige Nudelfabrik zu revitalisieren. Gemeinsam mit der Bürgerschaft werden neue Nutzungen entwickelt, so wurde der Ort zuletzt durch Feste, Ausstellungen und Testnutzungen wieder ins Bewusstsein der Stadtgesellschaft gerückt. Das mit URBACT entsandene integrierte Handlungskonzept soll der Stadt helfen, weitere Fördermittel zu erschließen und das Areal dauerhaft zu beleben.
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Die finnische Stadt Turku schließlich setzt auf urbane Biodiversität. Mit dem Förderprogramm „Innovative Actions“ der Europäischen Stadtinitiative (EUI), welches mutige Pilotlösungen investiv unterstützt, entsteht aktuell im Stadtteil Skanssi ein rund 20 Hektar großer Biodiversitätspark. Künftig soll dieser Ort Naherholung, Umweltbildung und gemeinschaftliches Gärtnern miteinander verbinden. Neben dem Hauptpark werden auch mehrere kleinere Pilotflächen angelegt, auf denen neue Methoden zur Förderung von Artenvielfalt erprobt werden. Das Projekt macht deutlich, wie Städte durch Kooperation und Beteiligung ökologische Resilienz stärken können.
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Europa braucht starke Städte und starke Regionen
Im anschließenden politischen Panel wurde deutlich, dass die europäische Kohäsionspolitik ein entscheidender Baustein für lokale Entwicklung bleibt.
Die Europaabgeordnete Sabrina Repp (Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament) betonte, dass regionale Vielfalt und Zusammenhalt die Grundlage europäischer Stärke bilden. Eine starke Kohäsionspolitik müsse diesen Ansatz sichern und dabei ländliche Räume und ihre Zentren aller Größenordnungen im Blick behalten. Sie warnte davor, die regionale Perspektive in der künftigen EU-Förderarchitektur weiter zu schwächen: „Regionen müssen über die Mittel entscheiden, die sie betreffen. Nur so bleibt Europa nah an den Menschen.“
Ansvera Scharenberg, Referatsleiterin im Ministerium für Inneres und Bau Mecklenburg-Vorpommern, unterstrich, wie essenziell EU-Fördermittel für nachhaltige Stadtentwicklung vor allem in strukturschwächeren Regionen sind. In Mecklenburg-Vorpommern seien mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) allein in der vergangenen Förderperiode über hundert Projekte umgesetzt worden – von Bildungsbauten bis zu grüner Infrastruktur. Gleichzeitig brauche es vereinfachte Verfahren und gezielte Unterstützung, damit auch kleinere Kommunen Zugang zu diesen Programmen finden.
Der URBACT und EUI-Experte Nils Scheffler ergänzt, dass der Mehrwert europäischer Programme weit über die finanzielle Förderung hinausgeht. Programme wie URBACT und die EUI helfen Städten über den Tellerrand zu schauen, voneinander zu lernen und neue Wege auszuprobieren. Dies fördert nicht nur konkrete Projekte, sondern auch das europäische Denken in der Stadtentwicklung.
Europa sichtbar machen
Wie europäische Förderung konkret wird, zeigte die abschließende Exkursion über den Campus Südstadt Rostock. Seit Anfang der 2000er Jahre befindet sich das Gelände in einer langfristigen Projektentwicklung. Auf dem Campus Areal mit klarem Fokus auf MINT Fächer entstanden auch zwei Neubauten: ein Physikgebäude und eines für den Fachbereich Elektrotechnik. Von den insgesamt rund 48,9 Mio. EUR Gesamtkosten, wurden ein Anteil von circa 16,7 Mio. EUR mit Mitteln aus dem EFRE finanziert. Die Gebäude stehen beispielhaft für nachhaltiges, energieeffizientes und ressourcenschonendes Bauen.
Die Europa-Arena verdeutlichte, wie lebendig und vielfältig Europa in den Städten und Quartieren wirkt. Wenn Kommunen ihre Erfahrungen teilen, entstehen Innovation, Zusammenhalt und neue Perspektiven für eine nachhaltige, gerechte und produktive Stadtentwicklung, ganz im Sinne der Neuen Leipzig Charta.
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